Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

VPP-Newsletter Juni 2011

BERUFSPOLITIK AKTUELL

Dramatische Verschlechterung der psychotherapeutischen Versorgung droht
Die Versorgung psychisch Kranker droht sich aus Sicht des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) in Deutschland dramatisch zu verschlechtern. Der vorliegende Referentenentwurf zum Versorgungsstrukturgesetz, das angeblich zur Verbesserung der Situation beitragen soll, bewirkt das Gegenteil, sagt BDP-Vizepräsident Heinrich Bertram. Durch das Gesetz seien in den nächsten Jahren fast 6000 psychotherapeutische Praxissitze bedroht – knapp 30 Prozent der rund 21.000 Praxen in Deutschland. Der Entwurf ignoriert den nachweisbaren Anstieg psychischer Erkrankungen, die zunehmende Zahl von Krankentagen aufgrund von Depressionen, Angst- und Belastungsstörungen, die vielen Fälle von Frühberentung aufgrund psychischer Probleme und die selbst in angeblich überversorgten Regionen bestehenden Wartezeiten von mehreren Wochen auf ein Erstgespräch mit einem Psychotherapeuten. Die nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit und von der Weltgesundheitsorganisation nachgewiesene Zunahme psychischer Erkrankungen spielt offenbar in den Überlegungen der Verfasser dieses Gesetzentwurfs keine Rolle. „Hartnäckig halten die Verantwortlichen an einer unwissenschaftlichen und unrealistischen Berechnungsgrundlage fest, der zufolge die meisten Gebiete in Deutschland überversorgt sind“, so Eva Schweitzer-Köhn, Bundesvorsitzende des VPP im BDP. Wir fordern die Abschaffung der sogenannten Stichtagsregelung von 1999, die damals schon falsch war und heute nicht richtiger geworden ist, sowie eine Neuberechnung des Bedarfs an Psychotherapeuten.
ausführlich: www.bdp-verband.de/bdp/presse/2011/11_versorgung.html

Bedeutung und Wert der Psychotherapie im Gesundheitswesen bestätigt
Die TK hat am 31.Mai die Ergebnisse ihres Modellvorhabens ‚Qualitätsmonitoring in der Psychotherapie‘ vorgestellt. Die Ergebnisse sind nicht anders als sensationell zu bezeichnen: Psychotherapie hat eine nachgewiesene Wirkung: Jeder in die Psychotherapie investierte Euro erbringt einen Nutzen zwischen 2 und 4 Euro. Und: Mit dem viel geschmähten Gutachterverfahren werden genauso gute Behandlungsergebnisse erzielt wie mit dem aufwändigen auf psychometrische Tests gestützten Qualitätsmonitoring! Dennoch plädiert die TK in ihrer Presseerklärung für die Abschaffung des Gutachterverfahrens. Das kann angesichts der Ergebnisse ihrer eigenen Studie nur verwundern.
Das Qualitätsmonitoring erscheint uns um ein Vielfaches bürokratischer, insbesondere für die PatientInnen, die sich in kurzen Zeitabständen umfangreichen Testungen unterziehen müssen, aufwändiger und mit Sicherheit teurer als das herkömmliche Gutachterverfahren. In psychometrischen Tests sind individuelle Behandlungsverläufe nicht erklärbar, was insbesondere für schwierige Behandlungen von Nachteil wäre. 7% der PatientInnen konnten mit dem Qualitätsmonitoring gar nicht erfasst werden, weil nicht für sämtliche Störungen die entsprechenden Tests vorliegen. Das Gutachterverfahren wird der Individualität psychotherapeutischer Behandlungen gerechter, ist unabhängig, schützt die Daten der PatientInnen und fördert die wichtige Reflektion der TherapeutInnen über ihre PatientInnen und die therapeutische Arbeit.
Die entsprechenden Forderungen des VPP im BDP sind nachzulesen unter:
www.vpp.org/meldungen/11/110604_bedeutung.html

Berlin: Psychotherapeuten in Ausbildung wehren sich gegen schlechte Bezahlung
Am 8. Juni 2011 versammelten sich 150 - 200 Psychologische Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) vor dem Vivantes-Klinikum Am Urban, um das erste Mal in Berlin öffentlich auf die prekären Bedingungen ihrer Tätigkeit während der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten oder zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten hinzuweisen. PiA verfügen bereits über ein Diplom bzw. einen Master in Psychologie, werden aber während ihrer Ausbildungszeit zum Psychotherapeuten schlechter als Lehrlinge bezahlt und massiv ausgenutzt. „Der Bundesvorstand des VPP im Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) unterstützt die Forderungen der PiA nach angemessenen Ausbildungsbedingungen, insbesondere nach einer ihrem Hochschulabschluss angemessenen Bezahlung der praktischen Tätigkeit“, erklärte die Bundesvorsitzende Eva Schweitzer-Köhn. „Zusätzlich fordern wir, dass sie Supervision erhalten, angemessen angeleitet und nicht als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden.“ Schon seit langem setzt sich der BDP für eine neue gesetzliche Regelung ein, um damit Lücken im Psychotherapeutengesetz zu schließen. www.vpp.org/meldungen/11/110612_pia.html

WEITERE NACHRICHTEN

Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs legt Empfehlungen vor
Auf der Webseite www.beauftragte-missbrauch.de können sowohl der umfangreiche Abschlussbericht der Unabhängigen Beauftragten als auch die gut lesbare Kurzfassung desselben heruntergeladen werden, die  als Quelle herangezogen wird, um die Frage zu beantworten: Welche Implikationen haben die Empfehlungen der UBSKM für die Psychotherapeutenschaft? Diesem Anliegen geht der VPP in einem ausführlichen Beitrag auf seiner Website nach.
www.vpp.org/meldungen/11/110530_missbrauch.html

Zur Situation der Psychotherapeuten in Kliniken
„Bin ich eigentlich Psychotherapeut?“ fragt VPP-Vorstandsmitglied Hans-Werner Stecker auf der VPP-Website in einem ausführlichen Beitrag über die Situation von Psychotherapeuten in Kliniken. So schreibt er einleitend: „Im Bereich der ambulanten Versorgung sind die Psychotherapeuten inzwischen sehr gut etabliert. Im Bereich der stationären Versorgung mahlen die Mühlen bekanntlich nicht ganz so schnell. Veränderungen im Umfeld brauchen ihre Zeit, um die dicken Mauern der Kliniken zu durchdringen. Dies ist möglicherweise besonders dann von Bedeutung, wenn es um fest gefügte Einstellungen geht, die an Fragen zur eigenen Existenz geknüpft sind. Dies mag in der Auseinandersetzung mit den Ärzten der Psych-Fächer Psychiatrie und Psychosomatik so sein. In Bezug auf die gerade erst 1999 erfolgte Einführung der Heilberufe der Psychotherapeuten sind Veränderungen daher nur langsam erfolgt. Es gibt Psychotherapeuten auch in den Kliniken, aber irgendwie eben auch nicht. Und so mag es berechtigt sein, dass sich mancher Psychotherapeut in einer Klinik die Seinfrage stellt: bin ich‘s oder bin ich‘s nicht?“
www.vpp.org/meldungen/angestellte/11/110511_bin_ich.html

Stellungnahme des VPP zur Vermittlung von Privatpatienten über eine GmbH
Anlass für eine aktuelle Stellungnahme des VPP sind gehäufte Anfragen in den letzten Tagen, ob Kolleginnen und Kollegen bereit wären, Privatpatientinnen und Privatpatienten für 60 €/ Stunde in Behandlung zu nehmen und sich vertraglich an die Rahmenverträge zu binden, welche die GmbH mit den Krankenversicherungen abschließt. Insbesondere in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sind Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten von dieser GmbH angeschrieben worden. Warum der VPP dieses Vorgehen für höchst problematisch hält, können Sie hier nachlesen:
www.vpp.org/verband/lfv/rheinlandpfalz/110530_privat.html
www.vpp.org/verband/lfv/baden/2011/110608_anfragen.html

AUS DEN LANDESFACHVERBÄNDEN

Schleswig-Holstein: Wähler entscheiden: Kurs halten oder nicht?
Seit 16. Juni und noch bis zum 11. Juli läuft die Kammerwahl in Schleswig-Holstein. Vor vier Jahren war die Überraschung bei manchen Mitgliedern groß: Der alte Kammervorstand in Schleswig-Holstein war regelrecht abgewählt worden; die Ziele des Wahlzusammenschlusses „KamOn“ hatten offensichtlich die Mehrheit überzeugt. Der Start war trotzdem nicht leicht. Nun kann der Vorstand eine sehr gute Bilanz vorlegen, viele der angestrebten Ziele wurden erreicht, viele der Vorstellungen mit Erfolg umgesetzt. Juliane Dürkop zieht das Fazit: „Wir haben uns auf die Kernaufgaben der Kammer konzentriert und die politische Lobbyarbeit ins Blickfeld genommen und ausgebaut.“ Weiteres zur Umsetzung einzelner Zielen sowie den Wahlaufruf und den Wahlflyer von „KamOn“, eine gemeinsame Gruppe von verbandsunabhängigen Kandidatinnen und Kandidaten aus BDP, DGVT und GwG: www.vpp.org/verband/lfv/swh/110617_artikel.html

Berlin: Honorarbescheide in Berlin intransparent
Zu den Honorarbescheiden für das 4. Quartal 2010, die die Kollegen in der vorigen Woche in Berlin erhalten haben, schreibt Eva Schweitzer-Köhn in einer Meldung auf der VPP-Website, diese seien völlig intransparent. Es sei nicht ersichtlich, welche Leistungen nun voll zum Orientierungspunktwert honoriert und welche gekürzt werden.
weiter: www.vpp.org/verband/lfv/berlin/11/110620_honorarbescheide.html

Rheinland-Pfalz: Neuer LFV-Vorstand gewählt
Bei der Mitgliederversammlung (MV) des VPP-Landesfachverbandes (LFV) Rheinland-Pfalz am 28. Mai in Trier wurde ein neuer LFV-Vorstand gewählt: Marcus Rautenberg, Vorsitzender des LFV, Hainfeld/Pfalz; Markus Hangarter, stellvertretender Vorsitzender des LFV, Trier; Tina Baldermann, Beisitzerin, Neustadt/Weinstr.; Karl Erik Lederer, Beisitzer, Worms; Sebastian Wozny, kooptiertes Vorstandsmitglied, Trier. Inhaltlich war die MV geprägt vom Vortrag der Bundesvorsitzenden des VPP, Eva  Schweitzer-Köhn, welche über die Arbeit des VPP insgesamt informierte und für Fragen zur Verfügung stand. Am Nachmittag schloss sich eine sehr informative Fortbildungsveranstaltung von IT-Berater Hellmut Köhn zum Thema „Datensicherheit in der psychotherapeutischen Praxis“ an.
weiter: www.vpp.org/verband/lfv/rheinlandpfalz/110607_bericht.html

IM BLICKPUNKT

Der VPP trauert um die Psychologische Psychotherapeutin Angelika Wagner-Link
Die Vorsitzende der Landesgruppe Bayern des BDP, Angelika Wagner-Link, ist am 12. Mai nach schwerer Krankheit verstorben.
Die Psychologin und niedergelassene Psychotherapeutin absolvierte bis zuletzt ein intensives Arbeitspensum, schrieb Bücher, veranstaltete Seminare und arbeite ehrenamtlich auch als Vorstandsmitglied der bayrischen Psychotherapeutenkammer. BPD-Präsidentin Sabine Siegl erinnert sich an sie als eine Frau mit starkem und dauerhaftem Engagement für die angewandte Psychologie und für den Verband. 1977 trat Angelika Wagner-Link, die einen Ehemann und einen erwachsenen Sohn hinterlässt, dem BDP bei.