LFV Baden-Württemberg
Auf Initiative des VPP hat die VertreterInnenversammlung der Psychotherapeutenkammer
Baden-Württemberg den unten dokumentierten Antrag zur Verbesserung der Versorgung
der Menschen mit geistiger Behinderung mit Psychotherapie einstimmig angenommen.
Zur Verbesserung in diesem Bereich gehört auch eine Aufnahme dieses Themas
in die Psychotherapieausbildung.
Wir hoffen, dass eine entsprechende Initiative in Baden-Württemberg auch
die anderen Bundesländer motiviert, sich mit diesem bisher zu wenig beachteten
Bereich auseinanderzusetzen.
Dokumentation des Antrages:
Vertreterversammlung
der Landespsychotherapeutenkammer
Baden-Württemberg
am 09. 04. 2011
Antrag Nr. ....
Von: Elisabeth Noeske, Ute Steglich
TOP:
Psychotherapeutische Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung
Die Vertreterversammlung möge beschließen, dass der Vorstand der
Psychotherapeutenkammer zusammen mit dem Kammer-Ausschuss
Aus-, Fort- und Weiterbildung geeignete Maßnahmen ergreift, um dem defizitären
therapeutischen Angebot für Menschen mit geistiger Behinderung entgegenzuwirken.
So soll insbesondere in den regelmäßig mit den baden-württembergischen
Ausbildungsinstituten und der Kammer stattfindenden Besprechungen die Problematik
dargestellt und darauf hingewirkt werden, dass sich die Institute verpflichten,
in jeden Ausbildungszyklus mindestens einen Block über die Behandlung von
Menschen mit geistiger Behinderung zu integrieren. Ferner möge die Psychotherapeutenkammer
selbst Fortbildungsangebot / Fachtagungen zur genannten Problematik anbieten.
Begründung:
Menschen mit geistiger Behinderung leiden drei bis vier Mal häufiger an
psychischen Störungen als nicht behinderte Menschen. Zudem haben sie ein
hohes Risiko, traumatische Belastungen wie Misshandlung oder sexuellen Missbrauch
zu erfahren. Auch wenn sie bei psychischen Störungen oftmals die gleichen
Symptome wie nicht behinderte Menschen zeigen, werden ihre Symptome häufig
nicht entsprechend zugeordnet und damit auch nicht sachgerecht behandelt. Vor
allem besteht auch die Gefahr, dass die psychische Problematik hinter bestehenden
Verhaltensauffälligkeiten nicht gesehen und folglich keine Indikation
für eine Psychotherapie gestellt wird. Besonders problematisch wirkt sich
zudem aus, dass für die Übernahme entsprechender Therapien meist gar
keine TherapeutInnen zur Verfügung stehen. Insofern zeigt sich diesbezüglich
ein massives Versorgungsdefizit.
Ein wesentlicher Grund für die abwehrende Haltung der überwiegenden
Zahl von PsychotherapeutInnen, eine Therapie mit einem Menschen mit geistiger
Behinderung durchzuführen, liegt insbesondere darin, dass Informationen über
Möglichkeiten und Erfahrungen therapeutischer Arbeit mit diesem Personenkreis
im Studium und in der Ausbildung von Psychotherapeuten bisher kaum (häufig
gar nicht) vor kommen.
Die Psychotherapeutenkammer Berlin (unter ihrem früheren Vorstandsmitglied Michael Schmude), das Bezirksamt Pankow, das Ev. Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge und die Deutsche Gesellschaft für seelische Gesundheit bei Menschen mit geistiger Behinderung (DGSGB) richten bereits seit 2004 regelmäßige Fachtagungen zu der genannten Problematik aus (in diesem Jahr die 6. Fachtagung). Auch wenn u.a. Michael Schmude und Prof. Hennicke regelmäßig auf die Problematik der mangelhaften Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung hinweisen und die Berliner Ausbildungsinstitute sich verpflichtet haben, in jedem Ausbildungsgang einen Unterrichtsblock zu den Spezifika der Behandlung von Menschen mit geistiger Behinderung auszurichten, ist ein analoges Angebot bisher in andern Bundesländern kaum zu finden. So zeigen sich in Baden-Württemberg trotz intensiver Suche kaum niedergelassene PsychotherapeutInnen bereit, eine Therapie mit Menschen mit geistiger Behinderung zu übernehmen und hierfür einen Therapieplatz vorzuhalten
Weitere Begründung mündlich in der VV (falls gewünscht).
2.5.2011